Offener Brief: Gegen die atomare Aufrüstung Europas

Mit einem offenen Brief haben sich das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen ICAN, die Ärzte-Organisationen IPPNW Schweiz und Deutschland, medico international sowie die
Nuclear Free Future Foundation (NFFF) an Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Bitte gewandt, ihren politischen Einfluss gegen die nukleare Aufrüstung Europas einzusetzen. Die Corona-Pandemie führt uns wieder einmal die Notwendigkeit einer Neugestaltung globaler Politik vor Augen. Ob Gesundheit, Klimawandel, Menschenrechte oder atomare Abrüstung: Die Welt steht vor drängenden Herausforderungen, die nur durch neue globale Kooperation angegangen und bewältigt werden können.

Nachdem bereits im vergangenen Jahr sowohl Russland als auch die USA den 1987 geschlossenen INF-Vertrag gekündigt haben, der den Vertragsparteien alle nuklear bestückbaren Mittelstreckenraketen verbietet, sehen wir mit großer Sorge, dass auch die in Deutschland stationierten Sprengköpfe durch neue, einsatzbereitere ausgetauscht werden sollen. Gleichzeitig will die Bundesregierung neue Kampfflugzeuge als Trägersysteme für diese US-Nuklearwaffen in Auftrag geben. Damit wächst 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Gefahr eines Atomkrieges, der dann auch von deutschem Boden aus geführt werden soll.

In ihrem offenen Brief appellieren die beteiligten Organisationen an die Bundeskanzlerin, sich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung die Stationierung neuer Atomwaffen untersagt, keine neuen Trägersysteme für Atomwaffen beschafft und den Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen von 2017 unterschreibt und ratifiziert. Der Vertrag über das Verbot von Atomwaffen ist ein Meilenstein in den weltweiten Abrüstungsbemühungen. Weil das Risiko größer geworden ist, dass Atomwaffen eingesetzt werden, muss die Bundesregierung die nukleare Abrüstung durch die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags weiter vorantreiben.
Die mit dem Friedensnobelpreis dafür ausgezeichnete Kampagne ICAN hat den Verbotsvertag bei den Vereinten Nationen maßgeblich mitinitiiert. 122 Staaten haben am 7. Juli 2017 für ihn gestimmt, 81 haben ihn inzwischen unterzeichnet, 36 ratifiziert – nicht jedoch Deutschland und auch kein anderer NATO-Staat. Deutschland könnte dem Vertrag beitreten und ihn ratifizieren, müsste dann aber dafür sorgen, dass die in Rheinland-Pfalz auf dem Fliegerhorst Büchel gelagerten US-amerikanischen Atombomben abgezogen werden. Die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands wäre davon nicht berührt. Bereits der Abbau des Urans, dem notwendigen Rohstoff für nukleare Waffen, zerstört Natur und Umwelt großflächig und stellt eine massive Gefahr für dort arbeitende und lebende Menschen dar. Der gefährliche Bergbau und die strahlenden Hinterlassenschaften haben weltweit zu zahlreichen Krebserkrankungen geführt.