Anti-Atom-Initiativen kritisieren schwarz-grünen Deal zu Atom, Klima und Polizeirecht

Update 30. Juni: Die schwarz-grüne Koalition ist im Amt, doch die Koalitionsvereinbarung weist leider viele grundsätzliche Leerstellen und Problemfelder auf, die nur gelöst werden können, wenn jetzt entschieden gehandelt wird. Haben die neuen grünen Energie-/Klima- und Verkehrs-/Umwelt-Minister:innen dazu die Kraft? Hier einige unserer Kritikpunkte:

1. Bei der Urenco in Gronau geht im Koalitionsvertrag nix nach vorne – gefordert wird nur, was schon durch unseren jahrelangen Druck und dann durch Putins Angriffskrieg entschieden ist, nämlich „Kein Uranmüll mehr nach Russland“. Das kostet Schwarz-Grün also nix. Kein Wort dazu, was nun mit den Uranmüllbergen in Gronau passieren soll, wie es mit der Reaktorforschung in Gronau und anderswo weitergeht und ob Urenco weiter Risikoreaktoren in Kriegs- und Krisengebieten beliefern oder eigene Reaktoren bauen darf. Und wie steht es eigentlich um die Sicherheit der alternden Atomanlage und des riesigen Uran-Freilagers?? Da kommt auf die neue Landesregierung viel Arbeit zu!

2. Ansonsten gibt es beim Thema Atommüll etwas Licht und viel Schatten. Positiv: In Jülich soll endlich ein neues Zwischenlager für die 152 Westcastoren gebaut werden, was die örtlichen Initiativen schon lange fordern, um einen Abtransport nach Ahaus oder in die USA zu verhindern. Das wäre ein Erfolg für die Anti-Atom-Proteste der letzten Jahre. Für Ahaus mindert das etwas den Druck, auch ist Schwarz-Grün gegen Atomtransporte aus anderen Bundesländern – was sich wohl auf die geplanten Castor-Transporte aus München-Garching beziehen könnte. Aber auch da wollen wir erstmal sehen, ob sich Hendrik Wüst im Ernstfall wirklich gegen Markus Söder stellt. Und was das geplante Atommüll-Logistikzentrum Würgassen angeht, enthält der Vertrag nur inhaltsleere Formen, die auf eine Vertagung hinauslaufen, nicht aber auf eine klare Ablehnung.

3. Die neue Landesregierung will „Atomtransporte minimieren“ – sehr schön, aber wie??? Wenn die UAA in Gronau ungebremst weiterläuft, dann wird das nix – und eine jährliche Information im Landtag schafft etwas mehr Transparenz (für die wir jahrelang kämpfen mussten), führt aber nicht zu einer Verringerung der Atomtransporte.

Fazit: Schwarz-Grün bringt den Atomausstieg in NRW nicht voran, produziert täglich neuen Uranmüll und weiß nicht, wohin damit. Da muss ein radikaler Kurswechsel her!

4. Schwarz-Grün will bis 2030 aus der Kohle raus – das ist gut. Aber warum gibt es dann keine Garantie für Lützerath, warum wird der Schwarzbau Datteln IV nicht umgehend vom Netz genommen? Kein Wort dazu. Und Ersatz-Steinkohle aus Kolumbien oder Südafrika reitet uns genauso in die Klimakatastrophe.

5. Absurd ist die Forderung nach dem Neubau von Gaskraftwerken (kein Scherz, steht auf S. 6) – während in Berlin wegen Gasknappheit gerade die „Alarmstufe“ ausgerufen wird. Hat Schwarz-Grün irgendwo eigene Gasreserven für NRW entdeckt, die wir alle noch nicht kennen?? Es ist auch extrem gefährlich, jetzt woanders neu mit Fracking oder der Ausbeutung neuer Gasfelder anzufangen. Die Erde ist klein und rund – die Klimafolgen kommen alle zurück zu uns!

6. Von (radikalem) Energiesparen findet sich auch nix: Wenn der Energieverbrauch und der individuelle Straßenverkehr nicht deutlich runterkommen, wird es keinen Weg nach vorne geben.

7. Bei der Innenpolitik herrscht Reul pur: Taser OK, Polizeigesetz OK, Versammlungsgesetz eigentlich auch OK – was für ein Durchmarsch der CDU-Hardliner. Wir müssen leider feststellen, dass die grüne Verhandlungsdelegation hier völlig versagt hat – ein sehr schlechtes Papier für Bürger:innenrechte, Versammlungsfreiheit und die Zivilisierung und demokratische Eingrenzung von Polizeimacht.

Es gibt also im Klima- und Energiebereich und bei den Bürger:innenrechten sehr viel zu tun – viele offene Baustellen und absehbar eine lange Liste von ungelösten und vertagten Konflikten.

Da kommt viel Handarbeit auf die Anti-Atom-, Klima- und Bürger:innenrechtsbewegung zu!