- Uranmüllexporte von Gronau auch nach 2020
- NL-Transportlizenz widerspricht E.ON-Chef
- „Fehlinformation durch E.ON-Chef nicht akzeptabel“
E.ON-Chef Johannes Teyssen hat auf eine Frage zur Zukunft der Uranmüllexporte von Gronau nach Russland nach 2020 die E.ON-Aktionäre auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung am 28. Mai offensichtlich falsch informiert. Wörtlich sagte Teyssen auf die entsprechende Frage des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre: „Pläne für einen Export von abgereichertem Uran von Gronau nach Russland nach 2020 sind hier aber aktuell nicht bekannt.“
Nun bestätigt jedoch eine offizielle Transportlizenz der niederländischen Strahlenschutzbehörde „Autoriteit Nucleaire Veiligheid en Stralingsbescherming“ (ANVS) vom 9. Juni 2020 – nur wenige Tage nach der E.ON-Hauptversammlung – dass explizit für den Gronauer Urananreicherer Urenco Deutschland GmbH zusammen mit dem französischen Atomkonzern Orano insgesamt 20 weitere Urantransporte von Gronau und Frankreich bis Juni 2023 über die Häfen von Amsterdam und Rotterdam nach Russland genehmigt wurden. Die ensprechenden Ausfuhranträge müssen auf deutscher Seite mindestens mehrere Wochen im Voraus gestellt worden sein. Die taz berichtet zu den Uranmüllexporten, das Handelsblatt und die dpa hatten am 15. Juni als erste über die niederländische Ausfuhrlizenz berichtet.
E.ON hält zusammen mit RWE ein Drittel der Urenco-Anteile. E.ON-Manager Alan Bevan sitzt für E.ON im Urenco-Direktorium. E.ON-Chef Teyssen gab bei der Hauptversammlung zu Protokoll, dass Bevan das „zuständige EON-Vorstandsmitglied regelmäßig unterrichtet“.
E.ON-Chef Teyssen hat somit bei der Beantwortung der Fragen auf der Hauptversammlung offensichtlich nicht die Wahrheit gesagt. Die Fragen lagen E.ON schriftlich bereits zwei Tage vor, die neuen Exportpläne von Urenco für das abgereicherte Uran aus Gronau müssen bei E.ON bekannt gewesen sein – oder werden dem E.ON-Chef wichtige Informationen vor einer Hauptversammlung im eigenen Haus vorenthalten? Die kritischen Aktionäre erwarten jetzt dringend eine Stellungnahme von E.ON zu diesem sehr beunruhigenden Vorgang gegenüber den eigenen Aktionärinnen und Aktionäre. Ein entsprechendes Schreiben des Dachverbands der kritischen Aktionäre an den E.ON-Vorstand ist unterwegs.
Leider reiht sich die Fehlinformation des E.ON-Chefs nahtlos in die bisherigen Versuche des Urananreicherers Urenco sowie der Bundesregierung ein, die Abwicklung der verantwortungslosen Uranmüllexporte von Gronau nach Russland möglichst unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen. Es ist ein Skandal, dass erst durch eine niederländische Transportlizenz die aktuelle Ausfuhrgenehmigung der Bundesregierung bekannt wurde – es ist dringend Zeit, dass auch die zuständigen Fachminister für Wirtschaft und Umwelt, Peter Altmaier und Svenja Schulze, der Öffentlichkeit reinen Wein einschenken.
Hintergründe:
Der Urananreicherer Urenco gehört zu je einem Drittel dem britischen und niederländischen Staat, das deutsche Drittel teilen sich RWE und E.ON zu gleichen Teilen. Urenco betreibt in Gronau die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage. Von Gronau wird rund jedes zehnte AKW weltweit mit Uranbrennstoff für die Brennstäbe beliefert.
Von 1995 bis 2009 und erneut seit 2019 liefert Urenco das abgereicherte Uran, das als Atomabfall bei der Urananreicherung anfällt, nach Russland. Bis 2009 waren dies insgesamt 27 300 t abgereichertes Uran, in 2019 bereits zusätzlich rund 8850 t laut einer aktuellen Auskunft der NRW-Landesregierung auf eine diesbezügliche Anfrage der Grünen im Landtag. Bei bislang vier weiteren Urantransporten von Gronau nach Russland in 2020 dürften demnach zusätzlich weitere knapp 3600 t abgereichertes Uran hinzugekommen sein – weitere sechs Transporte à 900 Tonnen stehen allein dieses Jahr noch aus, der erste davon am kommenden Montag.
Eine Wiederverwertung in Russland ist nicht erkennbar, da Russland bereits rund 1,2 Mio t. abgereichertes Uran auf Halde lagern hat und nun selbst nach eigenen Angaben über die nächsten 60 Jahre versucht, diesen Atommüll in einen lagerfähigen Zustand zu bringen.
Russische, niederländische und deutsche Anti-Atomkraft-Initiativen und Umweltverbände protestieren bereits seit 15 Jahren gegen diesen Uranmüllexport und besuchen regelmäßig die entsprechenden Hauptversammlungen von E.ON und RWE. Zuletzt überreichten z. B. im Januar die russische Umweltorganisation Ecodefense und Greenpeace Russland 70 000 Unterschriften gegen die Uranmüllexporte im Bundesumweltministerium. Vor wenigen Tagen kamen zwei dringende Appelle aus Russland an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesumweltministerin Svenja Schulze hinzu.