Der BUND Südlicher Oberrhein hat gegen den Brennelementhersteller Framatome/ANF aus Lingen Strafanzeige gestellt wegen des dringenden Verdachts der unerlaubten Ausfuhr von Kernbrennstoffen (§ 328 StGB). Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft. Framatome/ANF hat am 14. und 28. Dezember zweimal Brennelemente von Lingen zum Schweizer AKW Leibstadt exportiert – obwohl die EDF-Tochter selbst beim Verwaltungsgericht Frankfurt einen Antrag auf Sofortvollzug für ebendiese Brennelementtransporte gestellt hat. D. h. Framatome/ANF ging selbst davon aus, dass es keine vollziehbare Genehmigung gibt.
Das Verwaltungsgericht ist laut diverser Medienberichte not amused, die taz berichtet, auch in der Schweiz schlägt der Fall Wellen. Das BMU kündigte nun an, dass das zuständige Export-Bundesamt BAFA den Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben werde, Framatome/ANF sieht sich laut Lingener Tagespost aber voll im Recht und behauptet im Kern, dass das von ihnen selbst angestrengte Gerichtsverfahren im Prinzip irrelevant sei. Skurriler kann es kaum werden.
Die Frage ist, was wusste das BAFA von den Framatome-Transporten? Und in welcher Weise war das BMU informiert und eingebunden? Hier ist noch sehr viel Aufklärung gefragt. Für nächste Woche ist ein Beschluss des Verwaltungsgerichts in Frankfurt zu erwarten. Denn nach dem dreisten Vorgehen von Framatome/ANF steht nun natürlich auch deren Zuverlässigkeit als Betreiber der Atomfabrik in Frage – und die ist laut Atomgesetz zwingend erforderlich, wenn sie weitere Export- und Transportgenehmigungen bekommen wollen.
Unterdessen haben AtomkraftgegnerInnen aus Lingen und Freiburg auch beim Transport-Bundesamt BASE nun Widerspruch gegen die Transportgenehmigung eingereicht, um eine weitere Lücke zu schließen. Der BUND NRW hat zudem einen neuen Widerspruch gegen die Exporte von Lingen für Doel 1 und 2 auf den Weg, dem als Verband aufschiebende Wirkung zukommen sollte. Aber wir haben nun gesehen, dass sich Framatome/ANF im Zweifelsfall nicht an die Rechtslage hält.
Und genau in dieser brisanten Situation erklärt das BMU, dass es in dieser Legislatur kein gesetzliches Exportverbot mehr geben werde. Ausgerechnet das SPD-Justizministerium habe plötzlich Bedenken geäußert. Wir sehen in der jetzigen Ankündigung vor allem den Versuch, von den strafrechtlichen und politischen Konsequenzen abzulenken, die sich durch die geheimen und offensichtlich unerlaubten Brennelement-Exporte aus Lingen ergeben.
Die Proteste gehen deshalb ungebrochen weiter – auch weitere rechtliche Schritte werden vorbereitet. Die Brennelement-Exporte müssen jetzt gestoppt werden, sie sind offensichtlich nur noch mit Rechtsbruch und der Brechstange durchzuführen – das Endspiel hat begonnen.