Rund 80 Initiativen und Verbände aus mehreren europäischen Ländern unterstützen eine trinationale Resolution gegen die Bewilligung einer russisch-französischen Atomkooperation durch die Bundesregierung zur Brennelementeproduktion in Lingen/Emsland. Sie fordern stattdessen ein Ende der Uranverarbeitung und eine De-Nuklearisierung Europas.
Die Erklärung findet sich online unter: https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Kein_Joint_Venture_Framatome_Rosatom_in_Lingen.pdf
Der französische Atomkonzern Framatome sowie die Tochter des russischen Atomgiganten Rosatom, TVEL, planen in Lingen ein Joint Venture und konterkarieren damit Pläne zur Stilllegung der Brennelementefabrik im Rahmen des bundesdeutschen Atomausstiegs. Das Bundeskartellamt stimmte dem Joint Venture bereits im März zu, die Ergebnisse eines Investitionsprüfverfahrens durch die Bundesregierung werden bislang geheimgehalten. Initiatoren der jetzigen Resolution sind das Lingener Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland, das französische Réseau Sortir du nucléaire sowie die russische Umweltorganisation Ecodefense.
Framatome beliefert bislang aus Lingen zahlreiche alternde und sicherheitstechnisch umstrittene Reaktoren in Belgien, den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz, Spanien, Großbritannien und Finnland mit Brennelementen. Diese Exporte stehen seit Jahren in der Kritik. Die Atomanlage ist bis dato vom Atomausstieg in Deutschland ausgenommen. Vom deutschen Firmensitz in Erlangen/Bayern werden zudem technische Support-Projekte für AKW-Projekte weltweit gesteuert.
„Seit Jahren kämpfen wir im Emsland für die dringend notwendige Stilllegung der Brennelementefabrik in Lingen. Die Bundesregierung darf dem französisch-russischen Atomdeal nicht zustimmen. Zum einen untergräbt er den bundesdeutschen Atomausstieg. Zum anderen verbietet die sehr schlechte Menschenrechtslage in Russland ein solches Zugeständnis an die staatliche russische Atomindustrie,“ so Alexander Vent vom Lingener Bündnis AgiEL.
„Die französische Atomindustrie kämpft gerade mit großen finanziellen Schwierigkeiten. In dieser Situation ist sie zu allem bereit. Wir sehen mit großer Sorge die offensiven Pläne im internationalen Geschäft. Die weitere Öffnung der Brennelementeproduktion in der EU für die russische Atomindustrie ist erneut ein Schritt in die falsche Richtung. Für uns ist klar: Die Energiezukunft in Europa darf nicht nuklear sein,“ erklärte Charlotte Mijeon vom Réseau Sortir du nucléaire.
„Dass Framatome und die Bundesregierung den russischen Atomkonzern Rosatom wirtschaftlich unterstützen, ist für uns unverständlich. Wir erinnern daran, dass Deutschland schon jetzt Russland als Atommüllkippe für den abgereicherten Uranmüll aus der Urananreicherungsanlage in Gronau benutzt. Zudem liefern die Brennelementefabrik in Lingen sowie die Urananreicherungsanlage in Gronau schon jetzt angereichertes Uran zur Weiterverarbeitung in Russland. Damit werden 35 Jahre nach Tschernobyl die brandgefährlichen Zukunftsvisionen der Atomindustrie am Leben gehalten. Wir fordern den Ausstieg Europas aus der Atomenergie,“ so Vladimir Slivyak von Ecodefense.
„Wir stehen heute vor einem wachsenden Zusammenspiel von ziviler und militärischer Atomindustrie. In allen Atomwaffen-Staaten lässt sich das Militär von der zivilen Nuklearindustrie durch versteckte Subventionen fördern. Dazu zählen personelle Unterstützung, Forschungsvorhaben sowie eine beidseitig nutzbare nukleare Infrastruktur. Sowohl Frankreich wie Russland verfügen über Atomwaffen. In Zeiten wachsender internationaler Unsicherheit akzeptieren wir nicht, dass durch die Nutzung der Atomenergie neue Atomwaffen ermöglicht werden,“ erklärte die Europavorsitzende der Ärzteorganisation IPPNW, Dr. Angelika Claussen.
Die Resolution wurde heute ans Bundeswirtschafts- und ans Bundesumweltministerium übersandt sowie an den Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Stefan Weil, und an das niedersächsische Umweltministerium.