Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg überprüft aufgrund von Dienstaufsichtsbeschwerden aus NRW und Niedersachsen die Ermittlungen der Kreispolizei Borken zur aggressiven Autofahrt eines Mitarbeiters der Urananreicherungsfirma Urenco in eine Trauerversammlung vor der Uranfabrik in Gronau im September 2020.
In einem Zwischenbescheid von Ende Dezember teilte das LZPD mit, man habe sich dazu von der Kreispolizei Borken „den gesamten Beschwerdevorgang zukommen lassen“.
Autofahrer fuhr in Versammlung – keine Kritik von Polizei
Hintergrund der jetzigen Dienstaufsichtsbeschwerde ist die Aufarbeitung eines brisanten Vorfalls vom 18. September 2020: Damals war ein Mitarbeiter der Urananreicherungsfirma Urenco mit seinem Auto in eine angemeldete Trauer-Mahnwache von AtomkraftgegnerInnen vor der Urananreicherungsanlage Gronau hineingefahren. Eine langjährige Mitstreiterin war wenige Tage zuvor verstorben und sollte am selben Tag beerdigt werden. Die Polizei hatte jedoch zunächst nicht den Autofahrer angezeigt, sondern drei VersammlungsteilnehmerInnen, die sie vor Ort als ZeugInnen angesprochen hatte.
Aufgrund einer im Januar 2021 gestellten Strafanzeige und Dienstaufsichtsbeschwerde von VersammlungsteilnehmerInnen ermittelte die Staatsanwaltschaft Münster dann auch gegen den Autofahrer und die vor Ort anwesenden Polizeibeamten – um schließlich alle Ermittlungen zu dem Vorfall komplett einzustellen, ohne auch nur eine/n einzige/n ZeugIn zu vernehmen.
Entlastende Polizei-Aussagen wurden nicht protokolliert
Im Oktober 2021 bewertete der Borkener Landrat Dr. Zwicker in einem Schreiben an die Beschwerdeführenden die erste Dienstaufsichtsbeschwerde als teilweise begründet. Man habe nicht deutlich gemacht, warum aus ZeugInnen plötzlich „Beschuldigte“ geworden seien. Das sei ein Fehler gewesen. Den aggressiven Autofahrer kritisierte er mit keinem Wort. Zudem wurde durch das Schreiben des Landrats bekannt, dass die Kreispolizei Borken offensichtlich entlastende Aussagen von vor Ort anwesenden Beamten nicht protokolliert hat – auch das ein schwerer Ermittlungsfehler zum Nachteil der betroffenen AtomkraftgegnerInnen.
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Borkener Landrat
Stattdessen sprach der Landrat im selben Schreiben vom Oktober 2021 drei weitere ZeugInnen namentlich als „Beschuldigte“ an. Versuche der AtomkraftgegnerInnen, diesen Fehlgriff des Landrats gütlich zu klären, scheiterten bislang. Da Herr Zwicker selbst Jurist ist, muss ihm klar sein, dass er nicht derart fahrlässig ZeugInnen zu „Beschuldigten“ erklären kann. Das ist juristisch nicht zulässig. Für diese rufschädigende Falschdarstellung reichten die Betroffenen im Dezember eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Landrat beim Innenminister ein.
Was in Gronau während und nach der Trauermahnwache für unsere Freundin geschehen ist, ist einfach nur skandalös. Die Ermittlungsfehler der Kreispolizei Borken sind gravierend. Die Polizeibehörde sollte sich dringend bei den Betroffenen entschuldigen. Wenn es Schule machen sollte, dass Personen mit einem Auto mitten in eine Versammlung hineinfahren können, die Polizei danebensteht und nichts tut – und dann auch noch die gefährdeten VersammlungsteilnehmerInnen anzeigt, dann bedeutet das für die zukünftige Sicherheit von Versammlungen in NRW nichts Gutes. Dieses Vorgehen hat weit über Gronau hinaus Bedeutung und darf sich nicht wiederholen.