Urenco wieder im Geschäft mit Russland – trotz Krieges in der Ukraine

Internationale NGOs lehnen Uranlieferungen aus Russland nach Almelo ab

IAEA-Chef Grossi bestätigt: europäische Atomindustrie ohne Russland undenkbar

Vergangene Woche genehmigte die niederländische Atomaufsicht ANVS den Transport von bis zu sechs Lieferungen von spaltbarem Uran aus Russland an Urenco in Almelo. In Almelo will Urenco das Uran für das staatliche französische Atomunternehmen EDF anreichern. Vor zwei Jahren, als der russische Krieg gegen die Ukraine begann, kündigte Urenco an, alle Verträge mit Russland zu stoppen. Ein Bündnis internationaler Umweltorganisationen und Anti-Atomkraft-Initiativen aus den Niederlanden, Russland, Deutschland und Frankreich kritisiert die erneuten Transporte und weitere Atomgeschäfte mit Russland sowie die fehlenden Sanktionen und das fehlende Einfuhr-Verbot Nuklearmaterial.

Nach Einschätzungen der niederländischen LAKA-Foundation ist es sogar möglich, dass auch in den letzten 2 Jahren Uran-Geschäfte zwischen Urenco und Russland im Geheimen liefen, da nun auch ein (Rück?)Transport von 24 leeren Container von der JSC Siberian Chemical Plant in Sewersk nach Almelo genehmigt wurde.

Es gibt zwar keinen direkten Vertrag zwischen Urenco und russischen Atomkonzernen, aber der Effekt ist der Gleiche – egal ob Urenco mit Rosatom handelt oder Urenco mit EDF und diese mit Rosatom: Urenco ist wieder zur Tagesordnung übergegangen – ungeachtet der Tatsache, dass die russische Atombehörde und das staatliche Unternehmen Rosatom an der Besetzung des Atomkraftwerks Saporischschja und der Waffenentwicklung beteiligt sind. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Ukrainer und widerspricht der Regierungspolitik der Niederlande, Deutschlands und Großbritanniens. Urenco ist ein trinationaler Konzern, der niederländische und der britische Teil sind in Staatsbesitz, der deutsche Teil gehört RWE und E.on.

Urenco kann nicht einfach russisches Uran anreichern und die Verantwortung der franzsischen EDF überlassen, die Urenco mit der Anreicherung beauftragt hat. Niemand hat Urenco gezwungen, den Deal mit EDF zu machen, denn es ist allgemein bekannt, dass EDF an den Urangeschäften mit Russland festhält. Seit Beginn des Krieges konnten mehrere Uranlieferungen aus Russland an eine EDF-Tochter in Lingen, zum Beispiel über den Rotterdamer Hafen dokumentiert werden.

französischer Staatskonzern EDF: stetig Uran-Geschäfte mit Russland

Die Abhängigkeit Frankreichs von der russischen Atomindustrie ist riesig: Es gibt nicht nur viele Uranimporte aus Russland nach Frankreich und die französische Kernbrennstoffproduktion in Lingen/Deutschland, sondern die JSC Siberian Chemical Plant in Seversk, Russland (JSC TENEX) ist die einzige Anlage, die in der Lage ist, wiederaufbereitetes Uran aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague in Uranhexafluorid (UF6) umzuwandeln, ein Schritt, der für die Anreicherung notwendig ist.

Darüber hinaus hat EDF ein Joint Venture mit Rosatom gegründet, um in Lingen Brennelemente für sowjetische Atomeaktoren in der Tschechischen Republik, Bulgarien, der Slowakei und der Ukraine herzustellen. Wir fragen uns: Gibt es wirklich eine Unabhängigkeit von Russland, wenn der Kernbrennstoff künftig in Deutschland produziert wird, aber mit russischem Uran, russischen Lizenzen, russischen Experten und neuen Verträgen mit Russland, ohne die dieses Geschäft nicht möglich wäre?

IAEA-Chef Grossi hält Unabhängigkeit der Atomindustrie von Russland für unmöglich

Der Chef der internationalen Atomenergiebehörde IAEO, Grossi, hat darauf eine klare Antwort: Die gesamte europäische Atomindustrie ist so stark von Russland abhängig, dass Sanktionen in dem Sektor unmöglich wären, das würde zum Stillstand der Atomindustrie in vielen Ländern führen. Die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren würde Millionen kosten, so Grossi. Das zeigt ganz deutlich, dass Atomenergie keine Lösung auf dem Weg Energiewende und erst recht nicht als Ersatz für mit russischem Gas betriebene Kraftwerke sein kann! Eine ernsthafte und weitestgehend unabhängige bzw. auf fairem Rohstoffhandel basierende Energieversorgung ist nur mit erneuerbaren Energien möglich.